Interview mit Hr. Robert Seel
(Präsident der DJK Berufsfeuerwehr Franken Concordia e.V.)

Immer mehr Vereine haben Probleme, ehrenamtliche Mitarbeiter zu finden, die sich längerfristig für den Verein engagieren. Mitunter führt das in den Vereinen zu existenziellen Problemen. Zwei Sportvereinen aus Nürnberg sind nun einen neuen Weg gegangen, um diesem Problem zu entgegnen. Die DJK Berufsfeuerwehr Franken Concordia e.V., ein Breitensportverein mit allein 12 Sportabteilungen hat mit dem benachbarten Tinker- und Ponyhof Tiererlebnisfarm e.V., ein Reitverein mit 318 Mitgliedern, auf dem Weg zu einer Fusion eine Verwaltungsgemeinschaft gegründet. verein+ hat darüber mit Herrn Robert Seel, dem Präsidenten des DJK Berufsfeuerwehr Franken Concordia e.V. gesprochen.

Herr Seel, was waren die Gründe für die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft?

Seel: Der Ponyhof hatte große Probleme ehrenamtlich Helfer für die Verwaltung zu finden. Dadurch bekam der Verein auch erheblich finanzielle Schwierigkeiten, da die Beitragsabbuchungen nicht mehr ordnungsgemäß erledigt wurden. Dies bei einem Jahresaufkommen von ca. 280.000,- €.

Was waren/sind die größten Herausforderungen dabei?

Seel: Wir standen vor einer Menge Herausforderungen, vor allem weil eine Verwaltungsgemeinschaft, so wie sie zwischen den Vereinen geplant war, zuvor noch nicht existierte. Es lagen also keine Musterverträge, Vorlagen oder sonstige Erfahrungswerte vor, auf die man hätte zurückgreifen können.

Neben der Vertragsgestaltung zwischen den Vereinen war relevant, die Versicherungsfragen bezüglich der Mitglieder zu klären. Auch das Thema Datenschutz spielte bei der Zusammenlegung der Verwaltung eine große Rolle. Hier konnte zumindest der BLSV (Anm. der Red.: Bayrischer Landes-Sportverband e.V.) helfen.

Eine besondere Herausforderung ergab sich vor allem bei der praktischen Umsetzung. Um die Mitgliederverwaltung des Ponyhofs so aufzuarbeiten, dass alle Daten ordnungsgemäß genutzt werden konnten, war ein erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich. Hier wurden die Missstände der letzten Jahre besonders deutlich.

Daneben gab es großen Gesprächsbedarf mit den Zuschussgebern, z.B. mit dem SportService der Stadt Nürnberg, die die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft auch finanziell unterstützt.

Wie lange hat der Prozess gedauert, bis die Verwaltungsstruktur vereinheitlicht werden konnte?

Seel: Hier hat sich der Ponyhof nach uns gerichtet und viele Anregungen kurzfristig umgesetzt. Am 22. Dezember 2015 hat der Ponyhof noch eine Jahreshaupt-versammlung anberaumt in der eine Vielzahl von Regelungen aus der Vereinssatzung geändert wurden, um die gemeinsame Verwaltung zu vereinfachen. Dies betraf insbesondere die Höhe und Fälligkeit der Mitgliedsbeiträge sowie die Kündigungsfristen. Die Übernahme der Vereinsverwaltung durch den DJK-BFC konnte daraufhin noch zum 1. Januar 2016 umgesetzt werden.

Welcher Nutzen ergibt sich aus der gemeinsamen Verwaltung der Sportvereine?

Seel: Der Ponyhof ist zunächst wieder überlebensfähig, dank geregelter Einnahmen und korrekter Abrechnung der Mitgliedsbeiträge. Der Vorstand kann sich dort nun für andere Dinge viel Zeit nehmen.

Eine Besonderheit der Verwaltungsgemeinschaft ergibt sich daraus, dass die Mitglieder des Ponyhofs vom DJK BFC übernommen wurden. Damit sind die Mitglieder nunmehr über den DJK BFC als Mitglied beim BLSV bei der ARAG-Versicherung versichert.

Nach intensiven Gesprächen mit dem BLSV sowie der Stadt Nürnberg kann der Ponyhof jetzt auch Zuschüsse zum Unterhalt der Sportanlagen bekommen, die Trainer und Reitlehrer mit Übungsleiter-Lizenz erhalten Zuschüsse vom BLSV und von der Stadt Nürnberg.

Hinzu kommt, dass der DJK BFC bei der Beantragung von Zuschüssen durch die formale Übernahme der Mitglieder des Ponyhofs einen höheren prozentualen Anteil Jugendlicher geltend machen kann und damit einen höheren Unterhaltszuschuss für Kinder/Jugendliche bekommt sowie mehr Übungsleiter-Lizenzen bezuschusst werden.

Selbst bei der Beschaffung von Pflegegeräten bekommen die beiden Vereine bei gemeinsamer Beschaffung höhere Zuschüsse.

Unsere Bürokraft kann leichter finanziert werden, da der Ponyhof für die Verwaltung einen festgesetzten Betrag pro Mitglied zahlt. Zurzeit liegt dieser bei 1,- € pro Mitglied pro Monat.

Den Mitgliedern beider Vereine ist es nunmehr möglich, das Sportangebot des jeweils anderen Vereins zu nutzen. Durch das gemeinsame größere Sportangebot sind positive Mitgliedentwicklungen in den Sportarten erkennbar.

Wie finanziert sich die Verwaltungsgemeinschaft?

Seel: Wie zuvor dargestellt, durch Verwaltungsgebühren und Zuschüsse der Stadt Nürnberg.

Sollen weitere Vereine in die Verwaltungsgemeinschaft aufgenommen werden und wenn ja welche Voraussetzungen müsste ein Verein erfüllen, um an der Verwaltungsgemeinschaft beteiligt zu werden?

Seel: Anfragen von Vereinen, die gerne mit in die Verwaltungsgemeinschaft wollen, weil denen auch die ehrenamtlichen Helfer fehlen, oder die Vorstandschaft überaltert ist und mit den Aufgaben überfordert sind, liegen bereits mehrere vor. Wir wollen aber dieses Jahr zunächst den begonnenen Weg mit dem Ponyhof fortführen und dabei lernen.

Wenn weitere Vereine in die Verwaltungsgemeinschaft aufgenommen werden, sollten dabei zumindest die Verwaltungsprogramme und Satzungen an die Verwaltungsstruktur der Gemeinschaft angepasst werden. Auch die Entfernung zum anderen Verein wird hierbei eine Rolle spielen.

Welche Ziele will die Verwaltungsgemeinschaft in den nächsten Jahren erreichen?

Seel: Die gesamte Anzahl der Mitglieder aller Vereine muss einer Mindestgröße von geschätzt 4000 bis 5000 Mitglieder entsprechen. Dann sind wir in der Lage einen hauptberuflichen Betriebswirt Sport einzustellen und dazu halbtags noch eine Bürokraft.

Was würden sie anders machen, wenn Sie jetzt nochmals eine Verwaltungsgemeinschaft gründen würden?

Seel: Für die Vorgespräche wäre sicherlich gut gewesen einen Rechtsanwalt, einen Steuerberater und einen Datenschutzfachmann einzubinden. Auch die Verbände wie den BLSV oder den SportService der Stadt Nürnberg sollten beteiligt werden. Wir wurden hier zunächst alleine gelassen. Jetzt spricht die gesamte Stadt darüber und empfiehlt Verwaltungsge-meinschaften oder Fusionen. Vor dem Hintergrund, dass es in Nürnberg dutzende Vereine gibt, die große Probleme haben, hat die Stadtverwaltung (Sportkommission und SportService) sogar mit einem Sonderprogramm reagiert.

Welchen Rat können Sie ihnen mitgeben, wenn sie an der Gründung einer Verwaltungsgemeinschaft interessiert sind?

Seel: Besonders zu empfehlen sind Verwaltungsgemeinschaften zwischen Vereinen in unmittelbarer Nachbarschaft. Dabei sollte es sich um gesunde Vereine handeln, die nicht erst aktiv werden, wenn sie große Probleme haben. Die daraus erwachsenden Vorteile liegen auf der Hand.

Bildnachweis: Claus Mikosch/Shutterstock.com